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Stand von Marketing Automation 2022: Einsatz und Nutzung in deutschen Unternehmen

Dies ist eine digitale Version des Artikels „Hannes Huttelmaier, Nicolas Hesselbach, & Julia Heigl (2022): Stand von Marketing Automation 2022: Einsatz und Nutzung in deutschen Unternehmen.“

Dieses Werk ist unter der Creative Commons-Lizenz – CC BY-NC-SA – 4.0 International lizenziert.

Inhalt

Executive Summary

Marketing Automation als Unterstützungstechnologie zur Beherrschung der zunehmend komplexen Vermarktungsaufgaben findet bei US-amerikanischen B2B-Unternehmen immer größere Verbreitung. Es wird erwartet, dass die Marketing-Automation-Software-Branche weltweit ihren Umsatz bis 2030 auf 14.181 Mio. USD verdreifachen wird. Die Aussagen dieser und ähnlicher Studien auf globaler Ebene oder für den US-Markt sind eindeutig: Marketing Automation ist wichtig und wird weiter an Bedeutung gewinnen. Doch wie verhält es sich auf dem deutschen Markt?

Die vorliegende Studie untersucht daher die Einführung und die Nutzung von Marketing Automation in deutschen Unternehmen. Hierzu wurden zwischen dem 13.12.21 und dem 01.02.22 173 in Marketing oder Vertrieb tätige und/oder über Erfahrung im Bereich Marketing Automation verfügende Personen aus Unternehmen verschiedener Branchen mit einem Schwerpunkt auf Maschinen- und Anlagenbau sowie Software/IT in Deutschland befragt.

Die Kernergebnisse im Überblick:

  • Marketing Automation scheint kein Randthema mehr zu sein, sondern wird immer mehr zu einem wichtigen Baustein im Marketing. Lediglich jeder fünfte Befragte plant keinen Einsatz.
  • Als Gründe für den Einsatz werden insb. Wachstumsziele und die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens sowie der Zeitbedarf für Routineaufgaben genannt.
  • Knapp 60% der Befragten gibt an, die Corona-Pandemie habe keinen Einfluss auf ihren Umgang mit Marketing Automation und lediglich 3% der Befragten haben sich im Zuge der Corona-Pandemie erstmals mit Marketing Automation beschäftigt.
  • Die befragten Unternehmen verfolgen mit dem Einsatz von Marketing Automation nicht ein dominantes, sondern eine Vielzahl an Zielen, die allesamt hohe Werte bzgl. des Ausmaßes des Einsatzes erzielen.
  • Dies gilt auch für Erfolgsfaktoren: Aus Sicht der Umfrageteilnehmer sind sechs von sieben abgefragten Faktoren von ähnlich hoher Relevanz für eine erfolgreiche Einführung. An erster Stelle stehen das „Commitment von Marketing, Vertrieb und Management“, „Datenqualität sicherstellen und überwachen“ sowie „Anbindung anderer Softwaresysteme“.
  • Die Herausforderungen bei der Einführung sind insb. operativer Natur: Die Anpassung von Prozessen, die Integration des Systems in bestehende Systeme, die Zusammenführung von Datenbeständen, das Bereitstellen relevanter Inhalte sowie die Schulung von Mitarbeitern erhalten die höchsten Werte.
  • Wenig überraschend geben 85% der Befragten an, dass die Initiative für die Einführung von Marketing (ggf. gemeinsam mit anderen Funktionen) ausging. Immerhin 32% sagen allerdings auch, dass die Einführung von der Geschäftsleitung (ggf. gemeinsam mit anderen Funktionen) initiiert wurde.
  • Die Einführung von Marketing Automation erfolgt überwiegend mit externer Unterstützung von Agenturen. Lediglich 26% der befragten Unternehmen haben Marketing Automation zu 100% intern (d.h. ohne externe Unterstützung) eingeführt.
  • Mit Blick auf die Intensität der Nutzung steht E-Mail klar an Position 1 der Kanäle, für die Marketing Automation verwendet wird: Das Ausmaß der Nutzung wird im Mittel mit 78% angegeben. Darauf folgen Website/Landing Pages (61%), Social Media (57%) sowie Analytics/Reports (55%).
  • Mit Blick auf die Nutzungsintensität der wichtigsten Funktionen von Marketing Automation Systemen steht die Automation des E-Mail-Versands klar an erster Position: Das Ausmaß der Nutzung wird im Mittel mit 81% angegeben. Es folgen Analytics (63%) und „Lead Scoring (55%) und schließlich eine große Zahl an Funktionen mit Nutzungsintensitäten zwischen 40% und 50%. Online-Terminbuchungen (Ausmaß der Nutzung: 34%), Blogs (33%) bzw. Websites (32%) erstellen und betreuen, Eventmanagement (30%), Umfragen (29%), Progressive Profiling (28%) und Push Notifications (20%) werden in geringerem Ausmaß verwendet. „Chatbots“ sowie „Vorhersagemodelle“ bilden mit einem Wert von jeweils 17% das Schlusslicht.
  • Hubspot ist das mit Abstand am häufigsten eingesetzte System – knapp 39% der befragten Unternehmen nutzen diesen Anbieter. Es folgen auf Social Media (Hootsuite, 22%) und E-Mail (Mailchimp 20%) spezialisierte Systeme zur Automation. Bei den Suites liegt Salesforce mit 19,5% nach Hubspot auf Platz 2, gefolgt von Adobe mit 15,6%.
  • Die Befragten sind mit den von ihnen genutzten Systemen überwiegend zufrieden. Dabei erzielt der „Nutzen“ des Systems die höchsten Werte: 79% der Befragten sind damit „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“.
  • Allerdings basiert die Einschätzung des Nutzens von Marketing Automation zu 62% auf Bauchgefühl und nur zu 38% auf harten Fakten.

 

In Summe zeigt sich, dass Marketing Automation auch in Deutschland stark an Bedeutung gewinnt. Marketing Automation ist kein Randthema mehr, sondern wird immer mehr zu einem wichtigen Baustein im Marketing. Überraschend ist dabei, dass die Corona-Pandemie hierfür zumindest nicht ursächlich ist.

In der Nutzung dominieren traditionelle Kanäle und Funktionen. Dies ist ein Indiz für den noch geringer Reifegrad des Einsatzes. Unternehmen sollten sich in Zukunft stärker mit den vielen verfügbaren – und häufig innovativeren – Kanälen und Funktionen abseits von E-Mail auseinandersetzen.

Die überwiegende Zufriedenheit der Befragten mit den von ihnen genutzten Systemen spricht für die Anbieter. Diese haben – aufgrund des sehr kompetitiven Umfelds – allerdings auch gar keine andere Wahl, als die Funktionalität und Usability ihrer Systeme stetig zu erweitern bzw. zu verbessern.

Ein großes Problem scheint noch immer die Messung des Nutzens von Marketing Automation für die einsetzenden Unternehmen zu sein: Viele Unternehmen können nicht mit Sicherheit (d.h. faktenbasiert) sagen, ob und wie hoch der Nutzen des eingesetzten Systems ist. Zukünftige Forschung sollte sich diesem wichtigen Thema annehmen. Denn Marketing Automation kann von enormem Nutzen sein, wenn richtig eingesetzt. Um dies beurteilen zu können müssen von den Unternehmen allerdings klare Ziele gesetzt und deren Erreichung systematisch erhoben werden.

Einleitung

Laut einer Studie von McKinsey & Company aus dem Dezember 2021 haben 51 % der befragten US-amerikanischen B2B-Unternehmen in Ressourcen und Fähigkeiten investiert, um personalisiertes Marketing zu betreiben. Darüber hinaus gaben 45 % der Befragten an, dass sie in letzter Zeit die Rolle von Marketing in ihrem Unternehmen insgesamt neu bewertet haben (Harrison et al., 2021). Beide Entwicklungen gehen oft mit der Einführung von Marketing Automation einher. Deren Relevanz nimmt für B2B-Unternehmen aufgrund der zunehmend komplexen Vermarktungsaufgaben kontinuierlich zu (Corsaro et al., 2021). Dies steht im Einklang mit der Tatsache, dass die Größe der Marketing-Automation-Software-Branche weltweit mit einer CAGR von 12,3 % von 4.438 Mio. USD im Jahr 2020 auf 14.181 Mio. USD im Jahr 2030 wachsen soll (Research and Markets, 2021). Die Aussagen dieser und ähnlicher Studien auf globaler Ebene oder für den US-Markt sind eindeutig: Marketing Automation ist wichtig und wird weiter an Bedeutung gewinnen. Doch wie verhält es sich auf dem deutschen Markt?

In unseren Gesprächen mit B2B-Führungskräften aus verschiedenen Branchen haben wir festgestellt, dass einerseits immer mehr Unternehmen Marketing Automation zu nutzen scheinen oder sich zumindest intensiv damit auseinandersetzen. Andererseits scheinen aber auch viele von ihnen große Schwierigkeiten zu haben, diese effektiv und effizient einzuführen bzw. zu nutzen. Die jüngste Studie, die sich auf den deutschen Markt bezieht, basiert jedoch auf Daten aus dem Jahr 2019 (Hannig et al., 2021) und seitdem hat die Pandemie doch vieles verändert. Es erschien uns plausibel, dass dies auch mit Blick auf Marketing Automation der Fall ist.

Vor diesem Hintergrund haben wir eine Studie durchgeführt, um den Einsatz, die Einführung und die Nutzung von Marketing Automation in deutschen Unternehmen zu untersuchen.

Stichprobe

Im Zeitraum zwischen dem 13.12.21 und dem 01.02.22 wurden potenziell aussagekräftige Teilnehmer[1] via LinkedIn recherchiert und persönlich angeschrieben. Darüber hinaus wurde der Umfragelink über dieselbe Plattform geteilt. Dies resultierte in einer Stichprobengröße von insgesamt 173 Teilnehmern. Durch Filterfragen zu Beginn der Umfrage wurde sichergestellt, dass die Teilnehmer bzgl. der verschiedenen Themenkomplexe aussagefähig sind. So wurden bspw. Fragen zur Einführung nur Teilnehmern gestellt, die zuvor angaben, Marketing Automation bereits eingeführt zu haben oder sich derzeit in der Einführung zu befinden. Dies resultiert in einer geringeren Stichprobengröße für die Fragenbereiche „Einführung von Marketing Automation“, „Nutzung von Marketing Automation“ und „Gründe gegen die Einführung von Marketing Automation“. Die jeweils gültige Fallzahl ist in den entsprechenden Diagrammen angegeben. Die durchschnittliche Antwortzeit betrug 12 Minuten.

[1] Kriterien: In Marketing oder Vertrieb tätig und/oder offensichtlich Erfahrung im Bereich Marketing Automation; in Unternehmen mit Schwerpunkt im B2B in Deutschland tätig.

Knapp 80% der Befragten sind in leitender Funktion und 82% im Marketing tätig.

85% der befragten Unternehmen sind zu mindestens 50% im B2B tätig, knapp 60 % geben an ausschließlich im B2B tätig zu sein.

Die Stichprobe umfasst eine Vielzahl an Branchen mit einem Schwerpunkt auf Maschinen- und Anlagenbau sowie Software/IT.

43% der befragten Unternehmen haben über 250 Mitarbeiter und 70% kleine Marketingabteilungen (d.h. bis zu 10 Vollzeitstellen).

Über 50% der befragten Unternehmen sind international tätig und haben mehr als 500 Kunden.

In Summe handelt es sich um eine hochwertige und aussagekräftige B2B-Stichprobe, die allerdings (wie alle bislang in diesem Themengebiet durchgeführten Studien) aufgrund der gewählten Sampling-Methode streng genommen nicht repräsentativ ist.

Einsatz von Marketing Automation

Einsatzintensität von Marketing Automation

45% der Befragten nutzen Marketing Automation und weitere 30% planen den Einsatz. Im Vergleich zu früheren Studien scheinen vor diesem Hintergrund immer mehr Unternehmen nicht mehr nur zu planen, sondern Marketing Automation auch tatsächlich einzusetzen. Entsprechend scheint Marketing Automation kein Randthema mehr zu sein, sondern wird immer mehr zu einem wichtigen Baustein im Marketing. Allerdings planen immerhin 20% der Befragten auch in Zukunft keinen Einsatz.

Gründe für den Einsatz von Marketing Automation

Als Gründe für den Einsatz werden insb. Wachstumsziele und die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens sowie der Zeitbedarf für Routineaufgaben genannt. Die veränderte Situation durch die Corona-Pandemie sowie ein Rückgang des Vertriebserfolgs sind hingegen weniger relevant.

Einfluss der Corona-Pandemie auf den Umgang mit Marketing Automation

Knapp 60% der Befragten gibt an, dass die Corona-Pandemie keinen Einfluss auf den Umgang mit Marketing Automation hat. Nur etwas über 3% der Befragten haben sich im Zuge der Corona-Pandemie erstmals mit Marketing Automation beschäftigt (vgl. Abb. 12). Dies ist interessant und überraschend. Detailliertere Analysen zeigen,

  • dass insbesondere diejenigen Unternehmen, die Marketing Automation umfassend (und nicht bloß eingeschränkt) nutzen, die Nutzung im Zuge der Corona-Pandemie ausgebaut haben, und
  • dass insbesondere Unternehmen, die einen Einsatz von Marketing Automation in den nächsten 24 (und nicht 12) Monaten planen, und Unternehmen, die MA eingeschränkt nutzen, sich im Zuge der Corona-Pandemie intensiver mit Marketing Automation beschäftigt haben.

Einführung von Marketing Automation

Mit der Einführung von Marketing Automation verfolgte Ziele

Marketing Automation ist ein weites Feld, was sich auch darin äußert, dass sich nicht ein dominantes Ziel herauskristallisiert. Die befragten Unternehmen verfolgen mit dem Einsatz von Marketing Automation vielmehr eine Vielzahl an Zielen, die allesamt hohe Werte bzgl. des Ausmaßes des Einsatzes erzielen.

An erster Stelle stehen „Messbarkeit von Maßnahmen und Kampagnen“ sowie „stärker personalisierte Maßnahmen“, dicht gefolgt von „Verbesserung der Customer Experience“. „Ressourcenersparnis (Kosten, Zeit, …)“ sowie nicht die Kernaufgaben von Marketing/Vertrieb betreffende Ziele („zentrale Datenverwaltung“, „intelligente Datenanalyse“) werden in geringerem Ausmaß verfolgt. Auch die Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb zu verbessern ist nur von untergeordneter Bedeutung, spielt aber – wie alle genannten Ziele – eine Rolle, da es mit einem Mittelwert von 3,5 auf einer Skala von 1-5 einen auf den Skalenmittelpunkt bezogen überdurchschnittlichen Wert erzielt (vgl. Abb. 13).

Herausforderungen bei der Einführung von Marketing Automation

Die Herausforderungen bei der Einführung sind insb. operativer Natur: Die Anpassung von Prozessen, die Integration des Systems in bestehende Systeme, die Zusammenführung von Datenbeständen, das Bereitstellen relevanter Inhalte sowie die Schulung von Mitarbeitern erhalten die höchsten Werte. Dies ist nicht verwunderlich, handelt es sich doch um Klassiker bei der Einführung von Softwaresystemen. Widerstände in Marketing oder Vertrieb sind bei den Befragten interessanterweise weniger eine Herausforderung. Hier sei allerdings angemerkt, dass sich diese Widerstände häufig erst nach der Einführung während der Nutzung zeigen.

Faktoren für eine erfolgreiche Einführung

Bis auf „Externe Unterstützung (Agentur)“ sind alle abgefragten und in Abbildung 15 dargestellten Erfolgsfaktoren aus Sicht der Umfrageteilnehmer von Relevanz für eine erfolgreiche Einführung. Das „Commitment von Marketing, Vertrieb und Management“ steht mit „Datenqualität sicherstellen und überwachen“ sowie „Anbindung anderer Softwaresysteme“ an erster Stelle.

Treiber der Einführung

Wenig überraschend geben 51% der Befragten an, dass die Initiative für die Einführung ausschließlich von Marketing und in 85% der Fälle von Marketing gemeinsam mit anderen Funktionen ausging.

Immerhin rund 11% der Befragten sagen allerdings auch, dass die Einführung ausschließlich von der Geschäftsleitung angestoßen wurde und in 32% der Fälle war diese zumindest gemeinsam mit Marketing (17% der Fälle) bzw. Marketing und Vertrieb (4% der Fälle) Mit-Initiator. Hieraus kann geschlossen werden, dass Marketing Automation als strategisch wichtiges Thema wahrgenommen zu werden scheint und damit verbundene Entscheidungen entsprechend hoch in der Hierarchie angesiedelt sind.

Der Vertrieb hingegen ist in nur 3% der Fälle alleiniger Initiator, aber immerhin in 31% der Fälle Mit-Initiator mit Marketing (11% der Fälle) oder mit Marketing und Geschäftsleitung zusammen (17% der Fälle).

Intensität externer Unterstützung bei der Einführung

Die Einführung von Marketing Automation erfolgt überwiegend mit externer Unterstützung von Agenturen. Lediglich 26% der befragten Unternehmen haben Marketing Automation zu 100% intern (d.h. ohne externe Unterstützung) eingeführt. Bei einem Viertel der Befragten wurde die Einführung maßgeblich (75%+) durch externe Agenturen durchgeführt.

Nutzung von Marketing Automation

Nutzungsintensität nach Kanal

Bei der Nutzung von Marketing Automation für bestimmte Kanäle gilt es zu differenzieren, (a) ob Marketing Automation für einen bestimmten Kanal genutzt wird und (b) wie hoch die Nutzungsintensität bzw. das Ausmaß der Nutzung für diesen Kanal ist. Die Umfrageteilnehmer wurden hierzu gebeten, das Ausmaß der Nutzung auf einer Skala von 0 (keine Nutzung) bis 100 (intensive Nutzung) anzugeben. Für die Analyse, ob Marketing Automation für einen bestimmten Kanal genutzt wird, wurden alle Angaben größer Null als „Nutzung“ und gleich Null als „Nicht-Nutzung“ codiert.

Wie in Abbildung 18 dargestellt, nutzen 97 Prozent der Befragten Marketing Automation für den Kanal „E-Mail“, gefolgt von „Analytics/Reports“ mit 92 Prozent und „Website/Landing Pages/Blog“ mit 91% der Befragten. Mit 86% der Befragten, erzielt auch Social Media einen hohen Wert. Nur 38 Prozent setzen Marketing Automation für Mobile Apps und Messenger-Dienste ein. Das Schlusslicht bildet „Print“ – wobei immer noch 35 Prozent der Befragten für diesen Kanal Marketing Automation einsetzen.

Betrachtet man allerdings die Intensität der Nutzung, zeigt sich, dass selbst diejenigen, die Marketing Automation für Print, Messenger-Dienste und Mobile Apps nutzen, dies mit nur geringer Intensität tun. Für Messenger-Dienste beträgt das Ausmaß der Nutzung auf einer Skala von 0% bis 100% im Mittel lediglich 11% bzw. 28% bei ausschließlicher Betrachtung derer, die eine Nutzung >0% angegeben haben. Insgesamt hinkt Deutschland anderen Regionen wie den USA oder großen Teilen Asiens bzgl. der Nutzung dieses Kanals für Marketing hinterher, was neben kulturellen Aspekten u.U. mit den deutlich höheren Hürden bzgl. des Datenschutzes erklärt werden kann. Auch für Print wird Marketing Automation kaum genutzt (Ausmaß der Nutzung: 13% bzw. 37% bei ausschließlicher Betrachtung derer, die eine Nutzung >0% angegeben haben). Gerade im B2B wäre dies aber für bestimmte Zielgruppen sicherlich ein Kanal mit interessanten Anwendungsmöglichkeiten.

Mit Blick auf die Intensität der Nutzung steht E-Mail – wenig überraschend – nach wie vor klar an Position 1 der Kanäle, für die Marketing Automation verwendet wird: Das Ausmaß der Nutzung wird auf einer Skala von 0% bis 100% im Mittel mit 78% angegeben. Darauf folgen mit großem Abstand Website/Landing Pages (61%), Social Media (57%) sowie Analytics/Reports (55%).

Nutzungsintensität nach Funktionen

Um die Nutzungsintensität der wichtigsten Funktionen von Marketing Automation Systemen zu erheben, wurden die Umfrageteilnehmer auch hier gebeten, das Ausmaß der Nutzung auf einer Skala von 0% (keine Nutzung) bis 100% (intensive Nutzung) anzugeben.

Die Automation des E-Mail-Versands steht klar an erster Position (Abb. 19): Das Ausmaß der Nutzung wird auf einer Skala von 0% bis 100% im Mittel mit 81% angegeben. Interessanterweise gefolgt – wenn auch mit deutlichem Abstand – von „Analytics“ (Ausmaß der Nutzung: 64%) und „Lead-Scoring“ (Ausmaß der Nutzung: 55%) – diese werden stärker genutzt als z.B. Dynamic Content mit einer Nutzungsintensität von 51% und Lead Nurturing (49%). Obwohl dies überrascht, ergibt dies vor dem Hintergrund der mit Marketing Automation verfolgten Ziele ein stimmiges Bild: Hier gaben die Befragten als wichtigstes Ziel an, Marketing- und Vertriebsmaßnahmen messbarer machen zu wollen. Es folgt eine große Zahl an Funktionen mit Nutzungsintensitäten zwischen 40% und 50%. Online-Terminbuchungen (Ausmaß der Nutzung: 34%), Blogs (33%) bzw. Websites (32%) erstellen und betreuen, Eventmanagement (30%), Umfragen (29%), Progressive Profiling (28%) und Push Notifications (20%) werden in geringerem Ausmaß verwendet. „Chatbots“ sowie „Vorhersagemodelle“ bilden mit einem Wert von jeweils 17% das Schlusslicht.

Genutzte Anbieter/Systeme

Unter den Befragten ist Hubspot das mit Abstand am häufigsten eingesetzte System – knapp 39% nutzen diesen Anbieter. Es folgen auf Social Media (Hootsuite, 22%) und E-Mail (Mailchimp 20%, Sonstige 16%, CleverReach 16%) spezialisierte Systeme zur Automation. Bei den Suites liegt Salesforce mit 19,5 Prozent auf Platz 2, gefolgt von Adobe (Platz 3 mit 15,6 Prozent) (vgl. Abb. 20).

Monatliche Ausgaben für Marketing Automation und Support

Die Befragten geben im Durchschnitt 3.991 EUR pro Monat für Marketing Automation und zugehörigen Support aus (vgl. Abb. 21). Der deutlich darunterliegende Median (1.500 EUR), eine Standardabweichung von 7.046 sowie das Histogramm (vgl. Abb. 22) zeigen, dass dieser Wert durch drei (plausible) Extremwerte nach oben beeinflusst wird.

Vor dem Hintergrund dieser Verteilung sowie der Tatsache, dass 28 Befragte (37 %) zu dieser Frage keine Angaben machen konnten (dies resultierte in n=48) sind die Angaben mit großer Vorsicht zu bewerten und ihre Validität mehr als fraglich.

Zufriedenheit mit dem genutzten Marketing Automation System

Die Befragten sind mit den von ihnen genutzten Systemen überwiegend zufrieden (Mittelwert 3,6 (SD=0,58) auf einer Skala von 1=sehr unzufrieden bis 5=sehr zufrieden).[1] Mit Blick auf die Teilzufriedenheiten (vgl. Abb. 23) sind die Befragten mit dem „Nutzen“ ihres Systems am zufriedensten (Mittelwert 4,1): 79% der Befragten sind damit „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“.

[1] Diese Gesamtzufriedenheit wurde nicht explizit abgefragt, sondern aus den abgefragten Teilzufriedenheiten durch Mittelwertbildung aggregiert.

Allerdings basiert die Einschätzung des Nutzens von Marketing Automation zu 62% auf Bauchgefühl und nur zu 38% auf harten Fakten (vgl. Abb. 24 und Abb. 25). Dafür, dass als das mit der Einführung von Marketing Automation verfolgte wichtigste Ziel die Messbarkeit von Kampagnen und Maßnahmen genannt wurde, ist der Wert sehr hoch. Das bedeutet: Trotz der diversen – insb. von Marketing Automation Anbietern kommunizierten – ROI-Studien und anscheinend positiven Auswirkungen auf diverse Kennzahlen scheint der Nutzen von Marketing Automation im Einzelfall und im Gesamten nicht erwiesen. Zumindest können viele Unternehmen nicht mit Sicherheit sagen, ob und wie hoch der Nutzen des eingesetzten Systems ist. Dies ist allerdings ein zentraler Punkt und zukünftige Forschung sollte sich diesem wichtigen Thema annehmen. Denn Marketing Automation kann von enormem Nutzen sein, wenn richtig eingesetzt. Um dies beurteilen zu können müssen von den Unternehmen allerdings klare Ziele gesetzt und deren Erreichung systematisch erhoben werden.

Diskussion und Fazit

In Summe zeigen die Ergebnisse, dass Marketing Automation auch in deutschen (B2B-)Unternehmen kein Randthema mehr ist, sondern sich als wichtiger Baustein im Marketing zu etablieren scheint. Überraschend ist dabei, dass die Corona-Pandemie hierfür zumindest nicht ursächlich ist.

Die befragten Unternehmen verfolgen mit dem Einsatz von Marketing Automation nicht ein dominantes, sondern eine Vielzahl an Zielen, die allesamt hohe Werte bzgl. des Ausmaßes des Einsatzes erzielen. Dies verwundert nicht, ist Marketing Automation doch ein weites Feld, das alle denkbaren digitalen und physischen Kanäle umfasst, von recht einfachen, regelbasierten Workflows für einen dieser Kanäle bis hin zu komplexen Omni-Channel-Kampagnen reicht und eher auf interne Prozesse oder (potenzielle) Kunden gerichtet sein kann. Die Geschwindigkeit, mit der sich Technologie und intelligente Algorithmen als Basis für Automation weiterentwickeln tun ihr Übriges. Letztlich ist Marketing Automation ein Tool bzw. ein Enabler, der auf ganz unterschiedliche Weise genutzt und mit Leben gefüllt werden kann. Umso wichtiger ist es, dass sich Unternehmen vor Einführung genau überlegen, mit welchem Ziel und in welchen Bereichen sie Marketing Automation einsetzen möchten.

Die Initiative für die Einführung von Marketing Automation geht in 51% der Fälle ausschließlich von Marketing und in 85% der Fälle von Marketing gemeinsam mit anderen Funktionen aus. Immerhin 11% der Befragten geben allerdings auch an, dass die Einführung ausschließlich von der Geschäftsleitung angestoßen wurde und in 32% der Fälle war diese zumindest (gemeinsam mit Marketing und z.T. Vertrieb) mit beteiligt. Marketing Automation scheint entsprechend als strategisch wichtiges Thema wahrgenommen zu werden und damit verbundene Entscheidungen werden entsprechend hoch in der Hierarchie angesiedelt. Der Vertrieb hingegen ist – wie zu erwarten – fast nie alleiniger Initiator. Dies muss auch nicht sein, allerdings sollte sich der Vertrieb stärker als bislang in den meisten Unternehmen und vor allem pro-aktiv in das Thema Marketing Automation einbringen. Denn Marketing Automation kann – wenn richtig aufgesetzt – ein wichtiger Bestandteil einer Vertriebsstrategie sein. Ein erfolgreicher Einsatz wird durch aktives Einbringen und Treiben des Vertriebs – Seite an Seite mit einem starken Marketing – wahrscheinlicher.

Ähnliches gilt auch für Erfolgsfaktoren: Aus Sicht der Umfrageteilnehmer sind sechs von sieben abgefragten Faktoren von ähnlich hoher Relevanz für eine erfolgreiche Einführung. An erster Stelle stehen das „Commitment von Marketing, Vertrieb und Management“, „Datenqualität sicherstellen und überwachen“ sowie „Anbindung anderer Softwaresysteme“.

Für eine erfolgreiche Einführung scheint es darüber hinaus zentral zu sein, die bei der Einführung von Softwaresystemen traditionell auftretenden Herausforderungen operativer Natur im Blick zu haben und rechtzeitig anzugehen. Die Befragten geben in diesem Zusammenhang der Anpassung von Prozessen, der Integration des Systems in bestehende Systeme, dem Zusammenführung von Datenbeständen, dem Bereitstellen relevanter Inhalte sowie die der Schulung von Mitarbeitern die höchsten Werte. Widerstände in Marketing oder Vertrieb sind bei den Befragten interessanterweise weniger eine Herausforderung. Hier sei allerdings angemerkt, dass sich diese Widerstände häufig erst nach der Einführung während der Nutzung zeigen, weshalb eine frühzeitige Sensibilisierung und Integration der betroffenen Personen für die erfolgreiche Einführung und Nutzung zumindest nicht nachteilig ist.

Bei einem Viertel der Befragten wurde die Einführung maßgeblich (75%+) durch externe Agenturen durchgeführt. Dies macht einerseits sicher Sinn, da die Einführung mit Unterstützung eines erfahrenen Partners wahrscheinlich komplikationsloser und schneller erfolgen kann als in Eigenregie. Gerade die Einführung einer der großen Suites ist ohne Unterstützung sogar so gut wie unmöglich. Der hohe Anteil überrascht aber doch und beinhaltet ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass Kompetenzen nicht rechtzeitig intern aufgebaut werden und Unternehmen in eine Abhängigkeit von externen Anbietern geraten – was bei einem für das Marketing in Zukunft zentralen Thema nicht gut ist. Sollte die Unterstützung durch Externe sich allerdings hauptsächlich auf technische Themen beschränken und alles Inhaltliche, Strategische und Operative maßgeblich durch die Unternehmen selbst getrieben sein, ist die Unterstützungsleistung als sinnvoll zu werten. In unseren Gesprächen mit Unternehmen haben wir jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich viele Unternehmen neben Unterstützung für die softwareseitige Implementierung insb. auch Support für strategische und inhaltliche Themen ins Haus holen. Dies kann sinnvoll sein, um schnell, effektiv und effizient zu starten, wenn das notwendige Wissen und die entsprechende Erfahrung intern nicht vorhanden ist. Auch hier sollten Unternehmen allerdings darauf achten, schnellstmöglich auf eigenen Beinen stehen zu können und sich mittelfristig nicht von Beratern abhängig zu machen.

In der Nutzung dominieren traditionelle Kanäle und Funktionen. Dies ist ein Indiz für den noch geringer Reifegrad des Einsatzes. Unternehmen sollten sich in Zukunft stärker mit den vielen verfügbaren – und häufig innovativeren – Kanälen und Funktionen abseits von E-Mail auseinandersetzen. Dies soll selbstverständlich nicht bedeuten, dass Features blind eingesetzt werden, bloß weil dies möglich ist. Ein Einsatz sollte immer vor dem Hintergrund einer systematischen Zielgruppen- und Nutzenanalyse erfolgen. Eine Beschäftigung mit diesen Kanälen und Funktionen ist trotzdem zentral – ansonsten besteht laut Stone & Woodcock (2021) die Gefahr, dass Unternehmen von anderen abgehängt werden und sich immer schwerer tun, die sich ständig weiterentwickelnden Funktionen und Kanäle nutzenstiftend einzusetzen. Dabei sollte der Blick geweitet und Entwicklungen außerhalb Deutschlands genau verfolgt werden. Deutschland hinkt anderen Regionen wie den USA oder großen Teilen Asiens bei vielen Themen hinterher (bspw. beim Einsatz von Messenger-Diensten im Marketing bzw. Vertrieb). Dies kann neben kulturellen Aspekten u.U. mit den deutlich höheren Hürden bzgl. des Datenschutzes erklärt werden kann. Für die überwiegend global agierenden deutschen Unternehmen ist es trotzdem zentral, derartige Kanäle und Funktionen im Blick zu haben und – ggf. auch nur außerhalb Deutschlands – einzusetzen.

Die im Vergleich zu anderen Funktionen hohe Nutzungsintensität von Funktionen wie „Analytics“ und „Lead Scoring“ passt dazu, dass die Befragten als wichtigstes Ziel des Einsatzes von Marketing Automation angaben, Marketing- und Vertriebsmaßnahmen messbarer machen zu wollen. Trotzdem sollten Unternehmen den Fokus primär auf „operative“/wertstiftende Funktionen legen – und deren Performance anschließend messen. Und auch Scoring ergibt nur dann Sinn, wenn die entstehenden Daten für einen besseren Leadmanagementprozess genutzt werden.

Die überwiegende Zufriedenheit der Befragten mit den von ihnen genutzten Systemen hinsichtlich Nutzen, Funktionen, Bedienung, Einführung und Kosten spricht für die Anbieter. Ursächlich hierfür ist sicherlich auch der starke Wettbewerb – Anbieter, die ihre Funktionen nicht stetig den neu hinzukommenden Vermarktungsoptionen anpassen und eine vergleichsweise hohe Nutzerfreundlichkeit bieten, werden über kurz oder lang vom Markt verschwinden. Spannend wird sein, wie sich die Software-Landschaft in der nächsten Zeit verändern wird und ob europäische Lösungen mit den Big Playern aus den USA mithalten können.

Ein großes Problem scheint noch immer die Messung des Nutzens von Marketing Automation für die einsetzenden Unternehmen zu sein: Im Durchschnitt geben die Befragten an, dass ihre Einschätzung des Nutzens zu 62% auf Bauchgefühl und nur zu 38% auf harten Fakten beruht. Dieser Wert ist sehr hoch – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die befragten Unternehmen als das mit der Einführung von Marketing Automation verfolgte wichtigste Ziel die Messbarkeit von Kampagnen und Maßnahmen nennen. Das bedeutet: Trotz der diversen – insb. von Marketing-Automation-Anbietern kommunizierten – ROI-Studien und anscheinend positiven Auswirkungen auf diverse Kennzahlen scheint der Nutzen von Marketing Automation im Einzelfall und im Gesamten nicht erwiesen. Zumindest können viele Unternehmen nicht mit Sicherheit sagen, ob und wie hoch der Nutzen des eingesetzten Systems ist. Dies ist allerdings ein zentraler Punkt und zukünftige Forschung sollte sich diesem wichtigen Thema annehmen. Denn Marketing Automation kann von enormem Nutzen sein, wenn richtig eingesetzt. Um dies beurteilen zu können müssen von den Unternehmen allerdings klare Ziele gesetzt und deren Erreichung systematisch erhoben werden.

Literaturverzeichnis

Corsaro, D., Maggioni, I., & Olivieri, M. (2021). Sales and marketing automation in the post-Covid-19 scenario: value drivers in B2B relationships. Italian Journal of Marketing, 2021(4), S. 371–392.

Hannig U., Heinzelbecker K., & Foell T. (2021). Marketing Automation in DACH. In: Hannig U. (Hrsg.), Marketing und Sales Automation, S. 91-104. Springer Gabler, Wiesbaden.

Harrison, L., Plotkin, C.L., Stanley, J., & Reis, S. (2021). B2B sales: Omnichannel everywhere, every time, in: https://www.mckinsey.com/business-functions/marketing-and-sales/our-insights/b2b-sales-omnichannel-everywhere-every-time (letzter Zugriff: 10.02.22)

Research and Markets (2021). Marketing Automation Market Research Report – Global Industry Analysis and Growth Forecast to 2030, in: https://www.researchandmarkets.com/reports/5184670/marketing-automation-market-research-report (letzter Zugriff: 10.02.22)

Stone, M. & Woodcock, N. (2021). Developments in B to B and B to C Marketing and Sales Automation Systems. Journal of Business-to-Business Marketing, 28(2), S. 203-222.

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